Gestaltung: Desiree Beck

Neue degefest-TrendAnalyse erschienen / Fortsetzung der Befragung aus 2020

 

Erneut hat der degefest (Verband der Kongress- und Seminarwirtschaft) seine Mitglieder zur geschäftlichen Lage befragt. Mit hervorragender Rücklaufquote: 42,7% (im Vorjahr 38,6%) der Geschäftsführer/-innen und Mitarbeiter/-innen in leitenden Funktionen der im Verband organisierten Tagungsstätten (d.h. Bildungszentren, Kongress- und Veranstaltungszentren, Tagungshotellerie) haben sich der intensiven Befragung gestellt, die zeitlich in die sog. „dritte Welle“ gefallen ist. Die Daten der Studie 2021 wurden analog zum Vorjahr im Rahmen einer Online-Befragung erhoben.

 

Corona hat zu einer Zäsur im MICE-Business geführt. In Zeiten des vollständigen Lockdowns widmete sich die Branche verstärkt den digitalen Alternativen. Zwar sind digitale Events nichts Neues; bis zu Covid19 wurden sie aber vorwiegend als Ergänzungsangebote zu Präsenzveranstaltungen gesehen. Sie gelten nur bedingt als Ersatz des physischen Zusammenseins von Menschen: Sicherlich konnten die Veranstaltungshäuser und ihre Kunden damit neue Erfahrungen sammeln – die menschliche Ursehnsucht, sich in der realen Welt zu begegnen, können virtuelle Formate aber eben nicht ersetzen.

 

Einen wichtigen wirtschaftlichen Aspekt liefert der Initiator der Studie, Prof. Dr. Jerzy Jaworski von der Hochschule Heilbronn: „Wir dürfen nicht vergessen, dass die Veranstaltungshäuser ihre Umsätze primär nicht nur durch die Wissensvermittlung generieren, sondern insbesondere durch Leistungen wie Catering, Dienstleistungen, Übernachtungen, Begleitprogramme und vieles mehr. Finden Präsenzveranstaltungen aufgrund der Pandemie nicht statt und werden diese durch Online-Events ersetzt, wird damit das Kerngeschäft eines jeden Veranstaltungshauses gefährdet.“

 

Nachteile der Digitalisierung

 

Die Covid19-Pandemie hat nahezu alle Befragten dazu gebracht, sich hinsichtlich digitaler Veranstaltungsformate die entsprechende Technik, die dafür benötigte Ausstattung im Haus und das Wissen über die Durchführung anzueignen. Die Veranstaltungshäuser haben somit  ein entsprechendes Kompetenzniveau erworben. Gleichzeitig sehen die Befragten aber auch negative Auswirkungen dieser Erweiterung. Ganz oben steht die Befürchtung, dass die hybriden Veranstaltungen finanziell unrentabel sein könnten/werden.

 

Dazu wird um den direkten, guten Kontakt zum Gast gebangt. Denn in der Lockdown-Zeit findet eine Gästeentfremdung statt. Gleichzeitig werde bei den Tagungsteilnehmern die Erwartung geweckt, dass es billiger werden könnte. Tatsächlich entstehen mit der Erweiterung des Angebots um hybride Formate jedoch zusätzliche Kosten, die selten gedeckt werden. Andererseits werden die interessanten Angebote (Gastronomie etc.) weniger gebucht.

 

Anspannung in mehreren Bereichen

 

Der digitale Schub erfordert Investitionen, die nicht zu unterschätzen sind. Tagungsstätten werden sich fragen müssen, ob sie die benötigte Technik kaufen oder lieber durch einen IT-Anbieter temporär anbieten wollen. Dessen ungeachtet ist in jedem Fall eine schnelle und stabile Internet-Verbindung wichtig. Streaming-Dienste setzen gute Performance voraus. Die Teilnehmenden der Studie haben seit Pandemie-Beginn intensiv investiert und bieten diese Grundvoraussetzungen. Eine besondere Herausforderung stelle allerdings in diesem Zusammenhang die Einhaltung der DSGVO dar.

 

Gastronomische Erlöse sind ein wichtiger Bestandteil des wirtschaftlichen Erfolgs im Veranstaltungshaus. Dazu erwarten die Teilnehmenden der Befragung zumindest temporär, dass a) die Büffets verschwinden werden, b) das Essen exklusiver und teurer wird, c) mehr Bedienungspersonal benötigt wird und d) vorgefertigte Verzehrpakete (z.B. ein Brown-Bag-Service) eingesetzt werden. Im Vergleich zu 2020 sind die Befragten allerdings etwas optimistischer und gehen von einer größeren Anerkennung der erbrachten gastronomischen Leistungen durch die Kunden aus.

 

Klar ist, dass zusätzliche Hygienemaßnahmen ebenfalls Geld kosten. Nach Einschätzung der Befragten seien Kunden jedoch nur bedingt bereit, den damit verbundenen Mehraufwand adäquat zu honorieren. Hier sind die Ergebnisse fast identisch mit denen des Vorjahres. Die Hygiene wird auch Auswirkungen auf die Kapazitäten haben. Es könnte sein, dass nach den Covid19-Erfahrungen die DIN-Norm 15906 dem neuen Bedürfnis nach Raumfläche angepasst werden muss/wird.

 

Zeichen stehen (derzeit) auf Besserung

 

Die Umsatzeinbußen werden laut Einschätzung der Teilnehmenden auch in 2021 hoch sein: Knapp 85% der Befragten erwarten im Jahr 2021 nicht mehr als 70% des Umsatzes aus dem Jahr 2019. In den Jahren 2022/2023 soll sich zwar der Veranstaltungsmarkt erholen, dies werde aber noch nicht vollständig sein. Dennoch lässt sich sagen, dass die Befragten im Hinblick auf die künftige wirtschaftliche Lage positiv denken. Zwar rechnet kaum jemand damit, dass das wirtschaftliche Niveau des Rekordjahres 2019 schon bald erreicht wird; eine „klare Tendenz“ zur Besserung sehen die meisten aber schon.

 

„Wir werden eine Renaissance der physischen Begegnungen erleben“, fasst ein Befragungsteilnehmer seine Erwartung für die Zeit nach der Pandemie zusammen. Erfreulich ist, dass allgemein kein großer Weggang von Mitarbeitern erwartet wird. Vor allem fürchten die Befragten offenbar nicht um die Existenz des Veranstaltungshauses. Zwar müsse das Dienstleistungsportfolio nachhaltig angepasst werden, es werden aber durchaus auch die Chancen gesehen, neue Kundengruppen zu gewinnen.

 

 

Zur Erhebung: Die Online-Befragung wurde im März 2021 durchgeführt, die Auswertung fand im Zeitraum April bis Mai 2021 statt. Die Ergebnisse sind also sehr aktuell.