Seit Jahren ist die Klage bereits zu hören, seit „Corona“ hat sich die Situation noch verschärft. Entweder lassen sich auf dem Arbeitsmarkt kaum geeignete Fachkräfte finden. Oder aber sie wandern ab in wirtschaftlich vermeintlich sicherere Branchen. Was bleibt sind offene Stellen und verpasste Chancen bei den Unternehmen. Besonders betroffen ist die Veranstaltungswirtschaft. Was tun?

 

Sicher ist: Viele Arbeitgeber werden sich künftig mehr anstrengen müssen. Wer handfeste Vorteile bieten kann, wird seine Beschäftigten besser erreichen. Es geht um Glaubwürdigkeit, Vertrauen, Authentizität. In Zeiten, in denen Überstunden nicht mehr die Ausnahme sind, reicht der Wink mit dem Lohnzettel nicht mehr aus. Gefordert sind ganzheitliche Ansätze, die flexibel im Konzept sein können. Ganz oben steht aber die Erkenntnis: Wer sich an und mit seinem Arbeitsplatz wohlfühlt, wird ihn ungern verlassen. Personalbindung gibt es allerdings nicht zum Nulltarif. Sie kostet Geld. Der Verlust von guten Mitarbeitern ist aber langfristig teurer – auch wenn diese Rechnung anscheinend noch nicht jeder so aufmachen will.

 

Verstanden hat man es offenbar bei der Radisson Hotel Group (RHG), die in der Beliebtheitsskala der Mitarbeiter weiter gestiegen ist. Erstmals befindet sich die Hotelgesellschaft im Gesamtranking der jährlich erscheinenden stern-Umfrage unter den Top 50 von insgesamt 650 Arbeitgebern – respektabel. RHG konnte ihre Position im Vergleich zum Vorjahr, als sie den 75. Rang belegte, deutlich verbessern: In der diesjährigen Studie, die in Zusammenarbeit mit dem Marktforschungsinstitut Statista durchgeführt wurde, konnte sich die Hotelgruppe auf Platz 38 steigern und ist damit eines von nur zwei Unternehmen, die es aus der Sparte „Gastronomie, Freizeit, Hotels und Tourismus“ ins Top-Ranking geschafft haben. In der Branchen-Bewertung konnte RHG sogar vom 4. Auf den 2. Platz klettern.

 

„Trotz oder vielleicht sogar wegen der Krise haben unsere Mitarbeiter die Transparenz und die Art und Weise, wie wir auf allen Ebenen zusammengearbeitet haben, und welche Maßnahmen wir ergriffen haben, besonders geschätzt“, sagt Yilmaz Yildirimlar, Area Senior Vice President Zentral- und Osteuropa, Russland und Türkei der Radisson Hotel Group. Für die Studie wurden über Online-Access-Panels rund 50.000 Beschäftigte befragt, ob sie ihre eigene Firma und Unternehmen ihrer Branche als Arbeitgeber empfehlen können. Beurteilt werden konnten alle Unternehmen mit mindestens 500 Beschäftigten in Deutschland. Insgesamt wurden satte 1,1 Mio. Bewertungen für die Studie herangezogen. Die Befragung fand im Sommer 2021 statt.

 

Szenenwechsel in die Schweiz

Die Firma Habegger (Regensdorf bei Zürich) wurde im Januar 2022 erneut von „Great Place to Work ®“ für ihre Arbeitsplatzkultur ausgezeichnet. Demnach sehen die Mitarbeitenden einen der führenden Dienstleister in der Live-Kommunikation als attraktiven Arbeitgeber. Wohlgemerkt: Dies ist hier nicht das Ergebnis einer Branchen-, sondern interner Umfrage. Alle zwei Jahre nimmt Habegger gemeinsam mit „Great Place to Work ®“ das eigene Arbeitsumfeld unter die Lupe. Mit dem Ziel, Optimierungspotenzial zu erkennen, um auch künftig ein Wunscharbeitgeber zu bleiben. Ende 2021 wurde im Rahmen der Erhebung einerseits eine Befragung unter den rund 130 Mitarbeitenden mit einer Rücklaufquote von 91% durchgeführt, andererseits fand ein Audit durch externe Experten statt.

 

Das Resultat: Die Belegschaft schätzt an Habegger insbesondere den Umgang mit den Themen Inklusion, Innovation sowie den Informationsfluss seitens der Führungscrew in Zeiten von Corona. 99 Prozent der Mitarbeitenden gaben an, dass sie unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung fair behandelt werden. „Es ist mir wichtig, dass die Mitarbeitenden bei uns sich selbst sein können“, sagt Jürg Schwarz, CEO von Habegger. Der „Lohn“ für vertrauensvolle Unternehmenskultur ist z.B. Innovationsbereitschaft. Damit die Mitarbeitenden auch künftig weiter begeistert bleiben, sind verschiedene Massnahmen geplant – u.a. eine neue Kommunikations- und Kollaborationsplattform. Auch in die Personalentwicklung und in die technologische Infrastruktur wird investiert.

 

Nochmal zurück nach Deutschland

Erstmals in der Geschichte des Projekts „TOP 250 Germany“ wurden im Rahmen der jährlichen Auszeichnungsveranstaltung der besten Tagungshotels in Deutschland zwei Sonderpreise für „herausragende Mitarbeiter- und Azubiprojekte während des Lockdowns“ vergeben. Beim TOP 250-Branchentreff wurden zwei Projekte mit dem Sonderpreis gewürdigt: Zum einen das Dortmunder Hotel Esplanade, dessen Direktorin Katja Kortmann den Familienbetrieb erst Anfang 2020 übernahm und sofort als Krisenmanagerin agieren musste. Sie gewährte ihren Mitarbeitenden finanzielle Unterstützung, forcierte Online-Seminare und vermittelte Aushilfsjobs. Außerdem organisierte sie Schulungen, Prüfungsunterricht für Azubis, anonyme Mitarbeiterbefragungen zu deren Wohlbefinden und einen Strategieworkshop.

 

Auch in Sachen Azubi-Betreuung taten sich laut Jury einige TOP 250-Hotels mit interessanten bis originellen Aktionen hervor. Ausgezeichnet wurde das Seminar- und Eventzentrum Gut Thansen, dessen Azubis u.a. ein Caravan-Dinner organisierten und 250 Wohnmobile bewirteten, einen Filmwettbewerb zum Thema „Service in Corona-Zeiten“ auf die Beine stellten und alleinverantwortlich einen Recruiting-Film zur Steigerung der Arbeitgeber-Attraktivität drehten!

 

Die Beispiele zeigen, dass es viele Möglichkeiten gibt, um die Personalbindung ans Unternehmen zum Vorteil beider Seiten strategisch zu verbessern. Gegenseitige Wertschätzung ist die Grundlage, um Spaß an Einsatzbereitschaft und Wettbewerb zu fördern. Sie muss allerdings ehrlich gemeint und von Dauer sein!