Von Univ.-Prof. Dr. Cornelia Zanger

 

Fachkräftemangel ist auch in der Veranstaltungsbranche ein Problem, das während der Corona-Pandemie noch verschärft wurde. Ca. 60 Prozent der Arbeitskräfte verließen nach einer Studie des RIFEL-Institutes im Auftrag der LiveCom Alliance 2021 die Branche und längst nicht alle sind zurückgekehrt. Viele haben in Verwaltung, Beratung und Industrie neue Jobs gefunden. Lange Arbeitszeiten, hohe Anforderungen an die Einsatzflexibilität und angeblich schlechte Bezahlung lassen die Veranstaltungsbranche aktuell wenig attraktiv für Fachkräfte und Berufseinsteiger erscheinen. Doch stimmt das wirklich?

 

Das RIFEL-Institut (Research Institut for Exhibition and Live Communication e.V.) ist im Auftrag des fwd: Bundesvereinigung Veranstaltungswirtschaft e.V. den Gehalts- und Arbeitsbedingungen in der Veranstaltungsbranche nachgegangen. Ziel der Studie war es, einen aktuellen Überblick über das Gehaltsniveau bei Agenturen, Messebauunternehmen und Eventabteilungen in Unternehmen bzgl. wichtiger Beschäftigungsprofile zu geben sowie Sonderleistungen und Arbeitszeitmodelle zu analysieren.

 

Das Anliegen der Studie ist auf eine erfreulich positive Resonanz gestoßen, was sich darin zeigt, dass es 365 Teilnehmer der drei Unternehmenstypen Agenturen, Messebauunternehmen und Eventabteilungen in Unternehmen gab, die den umfangreichen Fragebogen online beantwortet haben. Die Erhebung erfolgte im Zeitraum August bis Oktober 2022. Die Teilnehmer verteilen sich jeweils zu 1/3 auf die befragten drei Unternehmenstypen der Veranstaltungsbranche.

 

Die Teilnehmer-Unternehmen bzw. –Abteilungen erreichen eine gute Verteilung von kleinen Einheiten mit bis zu 5 Beschäftigten bis hin zu Unternehmen mit über 100 Beschäftigten. Das spiegelt sich auch in den Umsatzzahlen wider.

 

Vielfältiges und spannendes Berufsfeld

In der Studie wurden insgesamt 25 Skill Positionen untersucht, die zuvor von einer Expertengruppe aus Branchenvertretern als relevant eingestuft wurden. Dabei zeigte sich, dass Projekt Manager*innen, Junior und Senior Projekt Manager*innen sowie Projekt Assistent*innen und Projekt Direktor*innen die am häufigsten vertretenen Beschäftigungsbilder in allen untersuchten Unternehmenstypen im konzeptionellen und gewerblichen Bereich sind.

 

Im Verwaltungsbereich sind es Office-, Marketing-, HR- und Account-Manager*innen sowie Assistent*innen der Geschäftsführung. Skill Positionen wie Consultants finden sich vorrangig bei Eventagenturen. Innenarchitekt*innen, Meister*innen und Facharbeiter*innen im Fertigungsbereich oder Lagerleiter*innen und -mitarbeiter*innen finden sich vor allem bei Messebauunternehmen.

 

Tendenziell zeigte sich eine Steigerung der Gehälter nach Corona im Vergleich mit dem Niveau vor Corona. Beispielsweise beträgt die Erhöhung des Gehaltes bei den befragten Unternehmen bei Projekt-Manager*innen 8,9%, bei Consultants 7,3%, bei Office-Manager*innen 9,0%, bei Facharbeiter*innen im Fertigungsbereich 7,5% oder bei Lagerleiter*innen 7,1%. Der Vergleich mit bundesdeutschen Durchschnittsgehältern von 2022 zeigt, dass sich die Veranstaltungswirtschaft im Gehaltsniveau nicht unterscheidet. Sie liegt teilweise etwas über dem bundesdeutschen Durchschnitt (z.B. Office-Manger*in, Account-Manager*in, Lagerleiter*in) oder knapp unter dem Durchschnitt (z.B. Consultant, Marketing-/HR-Manager*in).

 

Der Anteil der Vollbeschäftigten liegt bei 77,8%, dabei steigt der Anteil der Vollbeschäftigung von 72,8% bei Unternehmen mit bis zu 5 Beschäftigten auf 85,2% bei Unternehmen mit über 100 Mitarbeitern. Flexible Arbeitszeitmodelle haben in der Veranstaltungswirtschaft in vollem Umfang Einzug gehalten. 91,6% der befragten Unternehmen bieten diese an. In 84,7% der Unternehmen besteht die Option zum Homeoffice. Im kaufmännischen Bereich sind es 97,3% der Beschäftigten, die Homeoffice mit durchschnittlich 2,4 Tagen pro Woche in Anspruch nehmen. Im gewerblichen Bereich sind es 36% der Beschäftigten, die die Option mit durchschnittlich 2,2 Tagen pro Woche in Anspruch nehmen.

 

Nebenleistungen für Führungskräfte + Mitarbeiter kein Tabu

78% der befragten Unternehmen bieten ein Diensthandy, 72% einen Parkplatz für Mitarbeiter, ebenfalls 72% Weiterbildungsmöglichkeiten, 67,4% Mitarbeiterevents und 58,9% eine Betriebliche Altersvorsorge an. Weitere Nebenleistungen sind z.B. Firmen-Fahrzeug oder -Fahrrad, Coachingmöglichkeiten, Monatskarten für ÖPNV, Bahncard, Gesundheitsmaßnahmen, Kinderbetreuung oder Arbeitskleidung. Deutlich vorn bei den Nebenleistungen liegen Eventagenturen und Messebauunternehmen. In Eventabteilungen der Unternehmen werden Nebenleistungen nur in geringerem Umfang gewährt.

 

Die Veranstaltungsbranche ist eine junge Branche. Der branchenweite Altersdurchschnitt beträgt bei den befragten Unternehmen 38,5 Jahre. Dabei sind die Beschäftigten von Agenturen am jüngsten. Das Durchschnittsalter liegt bei 37,5 Jahren. Das Durchschnittsalter der Mitarbeiter von Messebauunternehmen liegt mit 40,6 Jahren etwas höher. Die Branche bietet sehr gute Chancen für Frauen in Führungspositionen. Bei Agenturen liegt der Anteil bereits bei 37,5%. Messebauunternehmen haben mit 22,9% und Eventabteilungen von Unternehmen mit 24,0 % an weiblichen Führungskräften noch Nachholbedarf.

 

Die Wertschätzung der Mitarbeiter kommt auch in den Weiterbildungsmöglichkeiten zum Ausdruck, die 72% der Unternehmen ihren Beschäftigten anbieten (s.o.). Die befragten Unternehmen gewähren durchschnittlich 2,6 Tage im Jahr im kaufmännischen Bereich und 2,1 Tage im gewerblichen Bereich. Die Weiterbildungskosten pro Beschäftigten bewegen sich bei den befragten Unternehmen zwischen durchschnittlich 1.201 Euro pro Jahr im kaufmännischen Bereich und 993 Euro im gewerblichen Bereich.

 

Überstunden nicht selbstverständlich

… sondern werden von den Unternehmen der Veranstaltungsbranche ausgeglichen. Die Anzahl der Überstunden pro Monat liegen im kaufmännischen Bereich bei 11,5 Stunden pro Monat und sind im gewerblichen Bereich mit durchschnittlich 15,7 Stunden pro Monat deutlich höher. Die Abgeltung von Überstunden erfolgt bei 54,8% der befragten Unternehmen über eine finanzielle Vergütung, bei 81% über einen Überstundenausgleich, bei 31% über pauschale Vergütungen gemäß Arbeitsvertrag (ab durchschnittlich 3.944 Euro sind Überstunden bereits mit dem Bruttomonatsgehalt abgegolten) und bei 11,1% über sonstige Formen der Abgeltung wie z.B. Sonderurlaub.

 

Fazit der Studie

Die eingangs genannten Vorurteile gegenüber der Veranstaltungsbranche bzgl. Gehalt und Arbeitsbedingungen konnten nicht bestätigt werden. Im Gegenteil, die Veranstaltungsbranche ist nach Corona wieder attraktiv für Fach- und Führungskräfte sowie Neueinsteiger und interessant für Azubis und Studierende – sie bietet ein gutes Gehaltsniveau, hohe Flexibilität und zahlreiche attraktive Nebenleistungen. Die Kurzfassung der Studie steht über das R.I.F.E.L. Institut unter www.rifel-institut.de zum Download bereit.

Geplant ist die Fortführung der Studie im Frühjahr 2023 für weitere Bereiche der Veranstaltungsbranche wie Veranstaltungstechnik, Catering, IT-Dienstleistungen, Ausstattung und Locations.

 

Zur Autorin

Prof. Dr. Cornelia Zanger ist emeritierte Marketingprofessorin der TU Chemnitz und aktuell Leiterin der Eventforschung an der TU Chemnitz sowie Mitbegründerin und Stellv. Vorstandsvorsitzende des 2017 gegründeten Research Institut for Exhibition and Live Communication (R.I.F.E.L. e. V) in Berlin. Seit fast 30 Jahren betreibt sie zum Event- und Messemarketing intensive Forschungsarbeit, führt Marktstudien durch und berät Unternehmen und Agenturen.

 

2008 initiierte sie die Wissenschaftliche Konferenz Eventforschung, die seitdem alljährlich stattfindet und ca. 300 Teilnehmer erreicht. Der jährliche Konferenzband erscheint im Springer Verlag. Bereits seit 2005 leitet sie den ersten universitären, berufsbegleitenden MBA Studiengang „Live Kommunikation/Eventmarketing“ an der TU Chemnitz. Später kamen der MBA „Customer Relationship Management“ und der B.Sc. Event- und Online-Marketing hinzu.

Quelle: Privat