So schön kann historische Industriekultur sein: Blick in die Berliner Malzfabrik. Copyright: Matthias Friel

Die Schlote rauchen schon längst nicht mehr, das Feuer in den Hochöfen ist erloschen, das Rattern der Maschinen verstummt… Aber auch wenn eine Industrieanlage stillgelegt wird, bleibt ihr unverwechselbarer Charakter häufig erhalten. Als Event-Location feiert sie oft Jahre später ihre Wiedergeburt – was einst alltäglich war, gilt nun, in anderem Kontext, als außergewöhnlich.

Die Industrie ist in Deutschland das historische Fundament für Arbeitsplätze und Wohlstand und nach wie vor maßgeblich für die Exportstärke des Landes. Doch die wirtschaftliche Entwicklung ist wie man weiß keine Konstante. Globalisierung, technologischer Fortschritt, die Standortverlagerung an kostengünstigere Alternativen oder auch die simple Erschöpfung von Ressourcen bzw. fehlende Nachfolge: Gründe für Stillegungen gibt es im Geschichtsablauf viele. Zurück bleiben im schlimmsten Fall Brachlagen, was in zweierlei Hinsicht schade wäre.

Die großen Fabriken haben maßgeblich das Bild ganzer Regionen geprägt und damit auch die Identität der ansässigen Bevölkerung. Daher bietet die Revitalisierung von  Industrieobjekten nicht nur ungenutztem Bestand eine Perspektive, sondern trägt als „Zeugnis vergangener Kulturgeschichte“ auch dem Denkmalschutz Rechnung. Die gute Nachricht: Inzwischen verfügt Deutschland dank bürgerschaftlicher Initiativen und Vereine, oftmals gefördert aus Landesmitteln, oder durch Investitionen privater Eigentümer flächendeckend über eine Vielzahl an wiederbelebten Anlagen, die die Industriegeschichte des 19. und 20. Jhdts. erzählen und am Leben erhalten.

Das zahlt sich aus. Sanierte Industriegebäude und –anlagen sind heute nicht nur ein beliebter touristischer Anlaufpunkt, sondern auch ein tagungstouristischer, indem sie der Eventwirtschaft ein breites Spektrum an Inszenierungsmöglichkeiten bescheren. Man kann grob in zwei Kategorien unterscheiden. Zum einen sind das Industrieanlagen, die z.T. bis ins Detail erhalten wurden und als historisches Museum zugänglich und damit erlebbar sind. Andererseits wurden ganze Gebäudekomplexe  entkernt und zu Veranstaltungslocations umfunktioniert. Die Außenfassade wurde dabei weitestgehend erhalten oder originalgetreu restauriert.

In den Fußstapfen großer Geschichte

Der zumeist erhebliche Aufwand an Instandhaltung – und auch neuen Sicherheitskonzepten – lohnt sich, indem imposante, einzigartige Erlebnisschauplätze geschaffen werden. Wenn man von Industriekultur im Eventbereich spricht, denkt man natürlich zuerst ans „Revier“. Im Ruhrgebiet, das über die größte Ansammlung historischer Zechen, Kohle- und Stahlwerke verfügt, wurde darüber ein gut Stück weit der sogenannte Strukturwandel bewältigt. So kann man z.B. im Deutschen Bergbau-Museum in Bochum inzwischen auf simulierte Stollenfahrt gehen oder bei einer Backstage-Führung im Landschaftspark Duisburg-Nord hinter die gewaltigen Kulissen schauen.

Weiter nördlich im niedersächsischen Osnabrück ist das Museum für Industriekultur im Gebäudeensemble einer ehemaligen Steinkohlenzeche untergebracht. Es gibt zudem einen Vortragssaal für 100 Personen und ebenso viele Gäste finden in der Schachthalle Platz. Im Zuge der Industrialisierung im 19. Jhdt. wurden viele Regionen urbanisiert. Daher befinden sich viele Industrie-Locations  heute in zentraler, verkehrsgünstiger Lage. Einstige Produktionsstätten, die zu Veranstaltungszentren umgebaut wurden, bieten speziell für den MICE-Bereich attraktive Flächen für Großveranstaltungen. Der technische Fortschritt erlaubt die Sanierung und den Betrieb nach modernen, EU-konformen Vorgaben.

Oft wird der ehemalige Zweck im neuen Namen fortgesetzt, um Ursprung und Charakter zu verdeutlichen. Wie etwa in der Malzfabrik Berlin (Bild): Die ehedem größte Malzproduktionsstätte Europas wurde in 2008 aufwändig restauriert und vor allem auch ökologisch optimiert. Der gründerzeitliche Klinkerbau wurde zur Wahrung der historischen Identität erhalten. Möglichkeiten bietet der klassische Industriestandort Deutschland zuhauf. Dabei bieten sich auch die in vielen Städten vorhandenen ehemaligen Lokhallen und Straßenbahndepots an wie etwa die gleichnamigen Lokhallen in Göttingen und Mainz, das „Depot 1899“ in Frankfurt oder das „Straßenbahndepot Heiligensee“ in Berlin.

Zum Schluss noch der Tipp: Mancherorts führen Zeitzeugen oder deren Nachfahren durch Ausstellungen und Anlagen und lassen auf ganz persönliche Art so manch vergangene Epoche wieder aufleben – was sich im Idealfall stimulierend aufs Event übertragen kann!