Die Corona-Pandemie hat die Kongress- und Eventwirtschaft ins Mark getroffen. Veranstaltungen fallen reihenweise aus oder werden weit nach hinten verschoben, die Teilnehmer bleiben daheim. In der Folge kommt es zu Umsatzeinbußen, der Verlust von Arbeitsplätzen droht. Das Europäische Institut für Tagungswirtschaft EITW (Wernigerode) hat mit einer Online-Befragung im Rahmen des Meeting- & EventBarometers die Auswirkungen der Corona-Krise auf den Veranstaltungsmarkt in Deutschland untersucht.

 

„Durch Corona entsteht der Veranstaltungsbranche 2020 ein immenser Schaden“, bestätigt EVVC-Präsidentin Ilona Jarabek. Wegen der großen Sitzplatzkapazitäten wirke sich die Situation bei den Veranstaltungszentren besonders stark aus. Doch auch die Tagungshotels und Eventlocations erleiden gravierende Verluste, die sogar existenzbedrohend sein können – da hier keine öffentliche Hand auffängt. Den durchschnittlichen Umsatzverlust über alle Arten von Veranstaltungsstätten hinweg prognostiziert die EITW-Studie im sechsstelligen Bereich pro Betrieb für das erste Quartal. Also gewaltig.

 

Allen gemeinsam ist der Wegfall von Aufgaben durch Absagen oder Corona-bedingte, gesetzlich angeordnete Schließungen, was in Kombination mit den ökonomischen Folgen zu Stellenkürzungen führt. Dadurch sei der Studie zufolge jeder dritte Arbeitsplatz in der Veranstaltungsbranche gefährdet! Alarmierend: Aufgrund des Corona-Virus wurde allein bis zum Stichtag am 30. März 2020 bereits mehr als die Hälfte aller geplanten Veranstaltungen komplett abgesagt. Kleinere Anlässe würden zudem öfters in den virtuellen Raum verlagert.

 

Verschiedene Szenarien, die im Rahmen der Studie vom EITW entwickelt wurden, skizzieren einen möglichen Neustart. Auf Basis der Entwicklung in China, wo zwischen der Entdeckung des Virus Mitte November 2019 und der Entspannung der Lage Mitte März 2020 vier Monate lagen, geht Szenario 1 davon aus, dass der Höhepunkt der Corona-Pandemie bei uns im Sommer erreicht sein wird und eine Erholung der Branche ab September beginnen könnte. In diesem Fall fände im gesamten Jahr lediglich ein Drittel aller ursprünglich geplanten Veranstaltungen statt.

 

Zielgenaue Aussagen derzeit (noch) nicht möglich

 

Nach einer schrittweisen Zulassung könnten sich kleine Veranstaltungen demnach bis Dezember 2020 erholen. Für große Veranstaltung wäre eine Normalisierung erst im späteren Frühjahr (April/Mai) 2021 wahrscheinlich. Das zweite Szenario geht davon aus, dass erste Veranstaltungen nicht vor Dezember 2020 stattfinden können. Damit käme es für das gesamte Jahr zu einem Ausfall von 90 Prozent aller Veranstaltungen! Mit einer Erholung für Großveranstaltungen wäre dann nicht vor Herbst 2021 zu rechnen – und damit erst in ca. anderthalb Jahren wieder.

 

In beiden Szenarien wurde zusätzlich der Wiedereintritt des internationalen Publikums in den Markt berücksichtigt, das 2019 einen Anteil von rund 10 Prozent aller TeilnehmerInnen an Veranstaltungen in Deutschland ausmachte. Auch das ein Unsicherheitsfaktor. Zielgenaue Aussagen, wie lange die Corona-Pandemie die Veranstaltungsbranche insgesamt beeinträchtigen wird, sind daher derzeit nicht möglich. Es scheint jedoch sicher, dass die Krise den Trend zu digitalen Formaten verstärken wird – dies bejahen inzwischen 60 Prozent der Befragten. Ein ähnliches (positives) Bild zeigt die Bewertung virtueller Formate durch die Veranstalter.-

 

Zur Erhebungssystematik: Für die zusätzliche Online-Befragung im März 2020 im Kontext der Corona-Pandemie wurden deutschlandweit 391 Veranstaltungsbetriebe mit einer Kapazität von mindestens 100 Sitzplätzen im größten Saal über einen geschlossenen Verteiler kontaktiert. Zusätzlich haben über einen öffentlich zugänglich gemachten Link 766 Betriebe Kontakt zur Befragung aufgenommen.

 

Da war die Welt noch in Ordnung…

 

Der deutsche Tagungs- und Kongressmarkt hatte 2019 einen neuen Rekord erreicht: Rund 423 Mio. Personen nahmen an Tagungen, Kongressen und Events in den deutschen Veranstaltungsstätten teil. Auch die Internationalisierung setzte sich mit über 43 Mio. TeilnehmerInnen aus dem Ausland fort – und hat sich somit seit 2006 verdreifacht. Die Zahl der Veranstaltungen blieb mit 2,89 Mio. verglichen mit dem Jahr 2018 konstant.